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Purpose Talks

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Aktuell auf der Purpose Agenda: #5 Bye-bye, 2020... What a year. Als dieses Jahr begonnen hat wussten wir alle nicht, was auf uns zukommt. Damit haben wir jedenfalls nicht gerechnet. Es ist viel passiert. Vieles hat uns hart getroffen, aber einiges ist durch die Umstände auch angestoßen worden und hat sich positiv entwickelt. Ein kurzer Rückblick...

13. August, San Juan de los Terreros

#1 Bottom up or top down: Denim-Patchwork goes Dior

Liebe Susanne,

Aus alter Tradition lese ich gerne die Mode-News auf vogue.de. Auch wenn ich mich seit einigen Jahren mit nachhaltiger Mode beschäftige, habe ich immer noch Interesse an Gucci, Dior & Co. Ganz abgesehen davon, dass es mir hilft, wenn ich Themen in den größeren Kontext einordnen kann. Neulich bin ich über das Thema „Patchwork-Denim in der Dior Cruise Collection“ gestolpert.

Ganz neu ist dieser „Trend" allerdings nicht. Denn Upcycling-Lables wie DZAINO aus Berlin,. Bridge & Tunnel aus Hamburg und XY aus ULM, verwenden schon seit Jahren ausrangierte Denim-Teile, um ihre uniquer teile zu fertigen.
© Dior
Denim Patchwork
© Dior
Denim Patwork
© Dior

Das große Thema der Kollektion ist eine Hommage an die Handwerkskunst, die Maria Grazia Chiuri auf der ganz großen Bühne feiert. Einige Looks sind em Thema Upcycling gewidmet. Ganz schön spannend, dass Dior sich jetzt mit einem Thema beschäftigt, das in der nachhaltigen Mode schon lange etabliert ist. Stichwort: Dzaino, Bridge & Tunnel. Plus: (Patchwork-Denim).

Und deshalb frage ich mich: Haben die großen Modehäuser verstanden, dass unsere Ressourcen begrenzt sind? Dass wir umdenken müssen. Kreisläufe schließen? Hilft es, dass ein Modehaus mit einer so großen Strahlkraft das Thema für den Mainstream greifbar macht? Oder ist das ein klassischer Fall von Greenwashing? Was meinst Du, Susanne?

Die allerbesten Grüße nach Bozen,
*mirjam

Bozen, 16. August 2020

Liebe Mirjam,
deine Fragen beschäftigen mich und vermutlich viele andere sehr. Und die Antworten darauf sind wohl entscheidend ob die Mode-Industrie wirklich nachhaltiger und fairer wird. Ohne die großen Modehäuser wird es nicht gehen. Wie du sagst, sie haben Strahlkraft und diese Strahlkraft lässt sich einsetzen. Dass ab und an mal in einer Kollektion Materialien wie Biobaumwolle oder Tencel oder Appleskin verwendet werden, Up- oder Recycling-Praktiken für einzelne Teile zum Zug kommen oder die Handwerkskunst gefeiert wird, wird nicht reichen. Ohne Veränderung des Geschäftsmodells, das ja bisher auf immer mehr Konsum, mehr Kollektionen etc. setzt, klappt das nicht. Dennoch ist es ein Beginn finde ich. Und was derzeit noch vor allem Greenwashing ist, könnte vielleicht doch in absehbarer Zukunft mehr werden und in Richtung einer ernstgemeinten Veränderung gehen. Die Herausforderungen für die Brands sind jedenfalls riesengroß kann ich mir vorstellen, die Komplexität der Produktionsketten ja oft kaum überblickbar, aber ich glaube, sie haben (fast) alle verstanden, dass es so nicht weitergehen kann.

Giorgio Armani hat bereits angekündigt, sich nur mehr auf zwei Kollektionen pro Jahr beschränken zu wollen. Dass es im High Fashion aber auch anders geht, zeigen etwa Vivienne Westwood, Gabriela Hearst oder Stella McCartney.

Auf die Kreativität, den Style und die Handwerkskunst der großen Häuser verzichten zu müssen, wäre ein großer Verlust. Denn es sind auch heute noch Brands wie Chanel, Gucci, Valentino, you name it, die zumindest stilistisch, immer wieder Großartiges vorlegen. Eine Freundin hat mir gestern gesagt, für sie sei nachhaltige Mode immer noch zu wenig Mode. Wie siehst du das? Hat sich hier schon einiges verändert? Kommt die nachhaltige Fashion bereits wirklich sichtbar aus dem Basic-Bereich heraus? Oder widerspricht sich das vielleicht auch? Mode, Trends und Nachhaltigkeit?

Liebe Grüße,
Susanne

10. Oktober, München

Ist nachhaltige Mode immer noch zu wenig Mode?

Liebe Susanne,

jetzt hat unser neues Format gleich zu Beginn eine längere Pause erfahren. Nicht etwa, weil wir uns nichts zu sagen hätten. Ganz im Gegenteil. Der Grund war eher, dass wir uns gerade weniger schreiben und stattdessen mehr telefonieren (oder sogar „im echten Leben“ sehen), weil so einige Projekte parallel laufen.

Um auf deine Frage zurückzukommen, ob „nachhaltige Mode immer noch zu wenig Mode“ sei. Oder ob sich hier schon einiges verändert hat: Hier hat sich in den letzten zwei, drei Jahren enorm viel verändert. Nicht umsonst konnte es im April 2019 eine Green Issue der deutschen VOGUE geben. Zahlreiche deutsche Designer wie Julia Leifert, Working Title, Lara Krude & Co. designen nachhaltige High Fashion auf allerhöchsten Niveau. Basics gibt es natürlich nach wie vor, was ich für ausgesprochen wichtig halte. Aber auch im Casual Bereich ist nachhaltige Mode viel mutiger geworden. Das war auf den vergangenen zwei Veranstaltungen der NEONYT ganz deutlich zu sehen. Von klassisch bis „trendy“ gibt’s inzwischen die ganze Palette. Perfekte getailorte weiße Hemden (AFORA world), Statement-Bomber (Phyne) und Evening-Jumper (wunderwerk) – es gibt inzwischen jede Menge Slow Fashion Brands bei denen „echte Mode“ Programm ist. Weitere Beispiele gibt’s natürlich hier

Ganz liebe Grüße, 

*mirjam

10. Oktober, München

#2 Endlich: Alt ist das neue Neu.

Liebe Susanne,

Gerade ist der #SecondHandSeptember vorbei und ich freue mich jeden Tag über neue Infos zu dem Thema. Levi’s verkauft seine gebrauchten Stücke jetzt online, COS hat Regel gelauncht, Gucci kooperiert mit The RealReal – es gibt täglich News zum Thema. War auch mehr als überfällig, wenn man sich das Thema Altkleider vs. knapper werdenden Ressourcen mal genauer anschaut. Es muss einfach nicht immer alles neu sein. Wir müssen mit den Ressourcen etwas sparsamer umgehen. 

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© Gucci

Ganz abgesehen von der Tatsache, dass Corona die Altkleidersammler kurz vor den Kollaps gebracht hat, weil alle ausgemistet haben, ist leider zu beobachten, dass die Qualität der gebrauchten Ware über die letzten jähre drastisch gesunken ist.

Umso schöner zu sehen, dass das Image von Second Hand Mode endlich positiv besetzt ist. Online kann man sich bei Anbietern wie rebelle.com und de.vestiairecollective.com (Luxus!) und thrifted.com (Vintage) austoben. On- und (endlich wieder) offline findet man einzigartige Perlen zu Kilopreisen bei Robin Balsers VinoKilo den genauso wie uns die krisenbedingte Veranstaltungsabsage hart getroffen hat, der aber sowas von wieder da ist. Gerade verlädt er Holzcontainer mit gebrauchten Lieblingsstücken, die er per Schiff nach Venedig gebracht hat, um die Italiener mit einem ersten VK-Event zu begeistern. Congrats, Robin!

Keine Stadt mehr ohne mindestens einen tollen Second Hand Store (danke, Susanne, dass Du mich am Montag zu Karin Klammsteiner in ihren Second Hand Store Kleopatra in Bozen entführt hast. 

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Ich LIEBE mein neues Pinstripe-Sakko!). Und weil man irgendwo anfangen muss, starten wir jetzt einfach mal mit einem Second Hand Guide für München (Infos mit Tipps gerne an mich: mirjam.smend@greenstyle-muc.com – wir veröffentlichen auch gerne mit Credit-Nennung).

Sonnige Herbsttaggrüße,

*mirjam

19. Oktober, München

#3 Dein absolutes Lieblingsstück

Liebe Susanne,

Eine Frage, die mir in Interviews immer wieder gestellt wird, ist die nach meinem liebsten Kleidungsstück. Das letzte Mal ist gerade ein paar Tage her – für den Stilguide für Frauen ab 45 (!) von Susanne Ackstaller (ab März 2021 im Knesebeck Verlag).

Die Antwort fällt mir ganz leicht: Mein liebstes Kleidungsstück ist meine blaue Vintage-Bomberjacke von Diesel. Dieses Stück, das meine Töchter wegen der Fischskelette „Fischjacke“ getauft haben, habe ich mir in einem Berliner Vintage Laden in der Nähe vom Wittenbergplatz gekauft. Den hatte mir Cherie Birkner gezeigt (sie hat tolle Vintage Stores bei sich gelistet). Warum ich das Teil so liebe? Sie passt einfach zu allem: Hose, Kleid, casual, elegant, formell, informell – egal. Und ich trage sie fast jeden Tag. Indoor. Outdoor. Zuhause und unterwegs.

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Übrigens: Ich habe mal gelesen, dass Menschen, die häufig das Gleiche tragen, ihre Kleidung wie ein Logo nutzen und als Marke wahrgenommen werden. Das ist nicht der Grund, warum mich die Fischjacke so konsequent begleitet. Eigentlich habe ich nach all den Jahren bei Modemagazinen nicht jeden Tag Lust, mir einen neuen Look „auszudenken“. Ganz abgesehen davon, dass ich die Jacke so gerne mag, geht es mir auch darum zu zeigen, dass man gar nicht so viele Kleidungsstücke braucht, um glücklich zu sein. Man braucht nur die Richtigen (Stichwort #capsulecollection).

Und weil ich genauso neugierig bin wie unsere Leser: Was ist Dein liebstes Kleidungsstück, Susanne?

*m

Bozen, 21. Oktober 2020

Liebe Mirjam,

mein Lieblingsstück? Als du mich danach gefragt hast, musste ich einige Zeit überlegen. Ich habe einige Teile, die ich sehr, sehr gerne trage. Dann oft wieder wegräume, irgendwann wieder herausziehe und wieder trage. Heute, auf der Fahrt mit dem Rad in die Stadt, ist es mir eingefallen: Das Kleidungsstück, das ich nie wegräume, das nie aussortiert wurde, ist mein heißgeliebtes Nadelstreifsakko, das ich vor 17 Jahren in Barcelona kaufte. Damals noch bei Massimo Dutti.

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„Shop your own closet“, das versuche ich mir zu Herzen zu nehmen. Erstens habe ich schöne Sachen, zweitens ist es nicht besonders nachhaltig sich ständig neue, wenn auch nachhaltige Teile, zu kaufen. Und ich muss sagen, die Qualität von damals ist eine andere als heute. Das Sakko schaut immer noch top aus, obwohl ich es in all den Jahren regelmäßig getragen habe. Mal lässig gestylt, mal formeller.

Das Sakko war nicht billig für mich damals. Aber es lohnt sich in Lieblingsstücke zu investieren. Sie werden zu Lebensbegleitern.

Grüße aus Bozen,
Susanne

Bozen, 30. Oktober 2020

#4 Purpose Looks Challenge

Liebe Mirjam,

vor kurzem hat das RKI auch Südtirol auf seine Liste der Reisewarnungen gesetzt. Das heißt – nach der Absage der Biolife und damit der Absage des Pop-ups GREENSTYLE x Biolife – , dass wir bis auf weiteres auch keine gemeinsamen Veranstaltungen machen können und auch unser geplantes mehrtägiges Strategietreffen erst mal nicht stattfinden wird. Das ist bitter. Wir haben alle sehr viel Arbeit in diese kommenden Projekte gesteckt. Nicht alles ist natürlich umsonst. Ich befürchte auch, dass die neuerlichen weltweiten, europäischen, nationalen und lokalen Verschärfungen für nicht wenige kleine Brands kaum mehr zu schultern sind. Um möglichst nachhaltig und fair zu produzieren braucht es schon mal einiges an Kraftanstrengung, in jeder Hinsicht. Da sind die Reserven schnell aufgebraucht. Ich hoffe sehr, dass wir nicht zu viele der kleinen, feinen nachhaltigen Brands verlieren. Jetzt heißt es so gut als möglich weiterzumachen und einander zu unterstützen wo es möglich ist.

Zwei Tage war ich eher gelähmt und auch bedrückt, nun geht’s wieder. Und ich habe begonnen nachhaltige Outfits zusammenzustellen, sie im Badezimmer zu fotografieren und auf Instagram zu posten. For the fun und auch weil immer noch zu wenige Leute davon überzeugt sind, dass nachhaltige und secondhand Mode gut aussehen kann. Über Geschmack lässt sich natürlich streiten. Ich finde den Style-Faktor sehr wichtig, einfach nur was überzuwerfen, weil es nachhaltig ist, reicht nicht. Ich denke, da sind wir uns einig?

Und nun meine Frage: Bist du dabei in der Woche, in der wir den Pop-up aufgebaut und gemacht hätten, jeden Tag ein Outfit zu posten?

Liebe Grüße aus Innsbruck,

Susanne

01. November, München

Liebe Susanne,

leider haben wir tatsächlich inzwischen viel zu viel Übung im Absagen von Veranstaltungen. Aber wir sind auch besser geworden im flexiblen Ändern von Konzepten und -formaten. Deshalb geht es weiter. Und mich spornt dieser Widerstand ehrlichgesagt gerade noch mehr an. Umsonst war die Arbeit definitiv nicht – Karmapunkte haben wir jede Menge gesammelt und Sichtbarkeit bekommen die Brands, die wir nach Bozen mitnehmen wollten ja trotzdem. Sie haben alle ein Brand-Porträt bekommen, das auf Instagram, Facebook und LinkedIn gepostet wird. Wir integrieren sie in unseren Newsletter und bedenken sie bei Kooperationen wie gerade bei der Unisex-Brand Afora.World aus Berlin, deren weißes Shirt wir in unserer GREENSTYLE x Fairnica Kapsel „Pauline“ dabei haben.

Deine Idee, die „Bozen“-Woche zu nutzen, um Outfits auf Instagram zu posten ist eine prima Sache. Neben Aktivismus sind es eben auch die Kollektionen der Brands und die daraus resultierenden Outfits, mit denen wir alle begeistern und zu einem bewussteren handeln, Umdenken etc. bewegen können.

GREENSTYLE Challenge: PURPOSE Talks goes #PurposeLooks

Damit das Ganze noch einen etwas größeren Impact bekommt habe ich unser Format hier als Inspiration genommen und kurzerhand eine kleine Challenge daraus gemacht. Wenn unsere Community mitmacht, können wir mit dem Hashtag #PurposeLooks eine kleine GREENSTYLE Challenge starten, und mit der CommunityPower möglichst viele Menschen erreichen.

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Fair Fashion in Framlingham: Regenjacke by LangerChen, Bomberjacke by Diesel (Vintage), Shirt by Petit Bateau (old), Jeans by Armedangels, Bum Bag by Bridge & Tunnel, Sneakers by nat2footwear/Suffolk

Meine #PurposeLooks? Die stammen diesmal aus der Konserve.

Aus aktuellem Anlass habe ich beschlossen, mich aus der „Konserve“ zu bedienen. Ich habe noch zahlreiche Outfit-Bilder auf meinem Telefon, die ich aus Zeitgründen nie gepostet habe. Zum einen schaffe ich gerade nicht jeden Tag ein neues Foto. Zum anderen gibt es bei uns gerade nicht wirklich einen Anlass. Ab Montag haben wir für den gesamten November einen Lockdown-Light. Die Gastro muss schließen. Alle Veranstaltungen sind abgesagt. Es dürfen sich nur noch zwei Haushalte treffen. Heißt: meine Outfit-Kreativität wird sich im 24/7-Homeoffice in Grenzen halten. Dann doch lieber ein fashionable Rückblick auf das letzte Jahr mit meinen liebsten Kleidungsstücken.

Die #PurposeLooks Hauptakteure werden sein:
Diverse Denims von DAWN, mein alltime favorite Mantel „Eugene“ von LangerChen, meine weißen Sneaker von nat2 footwear, meine Vintage-Bomberjacke von Diesel. Zu sehen auf meinem Blog @mygreenstylecom und unter #PurposeLooks

Ich freue mich auf die Bilder von allen die mitmachen und sende die besten Grüße,

*mirjam

Bozen 22. Dezember 2020

#5 Bye-bye 2020. Welcome 2021

Liebe Mirjam,

Die Feiertage stehen vor der Tür, das Jahr geht dem Ende zu. Was für ein Jahr! Neue Herausforderungen an allen Ecken und Enden. Ich hatte Zeit mehr zu lesen als in den Jahren zuvor. Endlich wieder mehrere Bücher. Ich lese mich auch regelmäßig durch verschiedenste Mode-Plattformen wie Business of Fashion oder Fashionista. Wie nie zuvor wird hier über die Dringlichkeit einer grundlegenden Veränderung der Modeindustrie gesprochen. Und nicht alles sind nur Worte. Auch große Namen sind dabei. Designer wie Giorgio Armani oder Dries van Noten reduzieren ihre Kollektionen, nachhaltige Kollektionen entstehen, wie zum Beispiel „Upcycled by Miu Miu“, H&M hat seine Conscious Exclusive Winter-Collection 2020 aus Lebensmittelabfällen und Plastikmüll entwickelt, Gucci und Levis steigen in den Preloved-Markt ein. Auch wenn sehr genau hinzuschauen ist, wo es in erster Linie um Marketing geht, und wo dann wirklich der Wille dahintersteht, etwas zu verändern, das Thema bekommt immer mehr an Zugkraft.

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Für die Branche insgesamt gibt es viele Verluste, vor allem am untersten Ende der Lieferkette. Im „State of Fashion Report 2020“ von McKinsey und Business of Fashion wird u.a. ausgeführt, dass es neben Verlusten, aber durchaus auch Chancen gibt für Brands, vor allem für die, die sich nicht vor digitalen Lösungen scheuen, die flexibel, schnell und kreativ auf die Krise reagieren. Ebenso wurde festgestellt, dass neben Nachhaltigkeitsaspekten Konsument*innen immer mehr auf soziale Gesichtspunkte Wert legen, also wie und von wem ihre Kleidung produziert wird. Es bewegt sich also etwas.

Meine Schwester hat mir vor kurzem vom populärer werdenden Hashtag #joyisrestitance erzählt. Ein schöner Ansatz finde ich. Mode hat ja immer auch mit Stil, Freude und Selbstausdruck zu tun. Und das wird sich hoffentlich nicht ändern. Ich wünsche dir, mir, euch und uns, dass das nächste Jahr weniger Absagen und wieder mehr reale Begegnungen zulässt. Dass wir unser Thema mit viel Energie und Freude weiterbringen. Unsere Zusammenarbeit war für mich ein Highlight dieses Jahres.

Liebe Grüße aus Bozen,

Susanne

23. Dezember, München

Liebe Susanne,

ich muss gestehen, dass ich nicht ganz traurig bin, dass die Tage von 2020 gezählt sind. Ein Jahr mit unglaublichen Herausforderungen auf so vielen Ebenen. Mit Rückschlägen, Stolpersteinen, maximaler Kraftanstrengung. Aber auch ein Jahr das eine Erkenntnis bestärkt hat: Zusammen geht es besser. Die Zusammenarbeit mit unseren Brands und Menschen wie Dir, Susanne, war trotz der widrigen Umstände einfach wunderbar und uns gezeigt, dass wir nach wie vor auf dem richtigen Weg sind. Dass wir trotz der enormen Anstrenungen weitermachen müssen, wenn wir etwas verändern, bewegen wollen. Und das wollen wir. Ganz ehrlich? Wenn nicht jetzt, wann dann?

Das Jahr 2020 hat uns eine Disruption in einem für uns bislang unbekannten Ausmaß auferlegt. Im privaten sowie in gesellschaftlicher Sicht. Wir wurden zum Innehalten gezwungen und haben uns auf die wahren Werte, die über die letzten Jahre auf der Strecke geblieben sind, zurückbesonnen. Zeit mit der Familie verbringen, gemeinsames Backen und Kochen, Ausflüge in die Natur wurden plötzlich wiederentdeckt. Fahrräder und Fitness Outfits wurden so viele verkauft wie nie zuvor. Nature statt Netflix.

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© H&M hat seine Conscious Exclusive Winter-Collection 2020

Und wie Du schreibst, auch außerhalb des privaten Raumes, haben Veränderungen stattgefunden (oder wurden zumindest begonnen): High Fashion hat seine Verantwortung entdeckt und reagiert mit entsprechenden Kursänderungen. Upcycling, nachhaltige Materialien, weniger Saisons und Fashionshows… Ich bin gespannt, wieviel von dem Engagement auch „nach Corona“ noch weitergeführt wird. Second Hand ist in diesem Jahr endgültig salonfähig geworden. Preloved Fashion ist nicht nur hip in Berlin und bei jungen Erwachsenen. Off-White Gründer Virgil Abloh hat Anfang des Jahres Vintage und Secondhand als die Zukunft der Mode bezeichnet. Es eröffnen mehr und mehr Vintage-Läden wie die Vintage Fabrik in München. High Street Brands und Luxus-Designer entdecken ihre Preloved-Fashion als ernstzunehmende Ressource.

 

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© Miu Miu

 

Corona hat uns alle hart getroffen und diejenigen am Beginn der Lieferkette am allerhärtesten (umso wichtiger, dass wir endlich das Lieferkettengesetz bekommen). Aber Corona hat auch endlich dazu geführt, dass solche Missstände endlich in der Mitte der Gesellschaft ankommen. Der Konsument fragt mehr und mehr nach, will wissen was er kauft und woher es kommt. Jeder von uns hat eine Stimme und zusammen sind wir laut. Und deshalb wünsche ich mir für 2021, das das neu zurückgewonnene, zart aufkeimende Bewusstsein beim Konsumenten weiter wächst und er entsprechend handelt. Buy less, choose well, make it last. Der Ausspruch von der Queen of Punk ist ziemlich abgedroschen, aber noch genauso richtig und wichtig wie am ersten Tag. Let’s change that fashion game!

Und was uns angeht: Wir haben das Jahr trotz enormer Widrigkeiten gemeistert. Wir haben die Website zum „home of sustainable fashion“ ausgebaut, unser Netzwerk weiter vergrößert, Weichen gestellt und Pläne geschmiedet. Ja, wir haben viel vor in 2021. Mehr dazu gibt’s während der NEONYT on air im Januar.

Dir, liebe Susanne und Deiner Familie wünsche ich wunderbar entspannte Feiertage in Bozen – wahrscheinlich genauso im kleinsten Kreis wie diesseits der Alpen bei uns. Wir freuen uns auf alles (gute!), was das neue Jahr für uns alle bringt und hoffen, dass unseren Ausflügen nach Südtirol nicht auch im nächsten Jahr wieder ein Strich durch die Rechnung gemacht wird.

*mirjam