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Maria Seifert

Made im Erzgebirge // Textilmanufaktur Maria Seifert

Während so viele Unternehmen im europäischen Ausland produzieren lassen, hat Designerin Maria Seifert 2019 maximal mutig eine Textilmanufaktur im Erzgebirge erworben und macht Mode Made in Germany möglich. Im Interview gibt Maria Seifert Einblicke in die aktuellen Herausforderungen ihres Betriebes.

Maria Seifert ist Modedesignerin. Seit 2010 entwirft die Leipzigerin zeitlos schöne und superfeminine Kapselkollektionen aus zertifizierten Stoffen oder Leftovers. In jedem Fall beeinflusst von ökologischen und sozialen Bestimmungen. Erst in Berlin. Seit 2014 wieder in der Heimatstadt. Kurze Liefer- und Kommunikationswege inklusive: denn Maria Seifert Collections wurde und wird im Erzgebirge gefertigt. 135 km von Leipzig entfernt. Der persönliche Kontakt zu den sieben Schneiderinnen und der Schnittmacherin war für Maria selbstverständlich.

Und dann stand die Manufaktur zum Verkauf. Sollte geschlossen werden. Die Näherinnen entlassen werden. Förderung von Frauen und die Erhaltung des Textilhandwerks in Deutschland spielen bei Maria Seifert eine zentrale Rolle. Wer Maria kennt, kann ahnen, was dann passiert ist: Long Story short: Maria hat den Betrieb gekauft, die Arbeitsplätze gerettet, die Produktion noch fairer gemacht und ermöglicht mit der Produktionsstätte im Erzgebirge. Echtes Made in Germany. Das war 2019.

Textilnäherei & Lohnkonfektionsbetrieb mit Tradition aus Eibenstock im Erzgebirge.

Maria Seifert

Die Textilmanufaktur Seifert hat (inter)nationale Aufträge an Land gezogen. Alles fing langsam an zu laufen. Dann kam die Pandemie. Die Produktion war dennoch weitestgehend ausgelastet. Das Problem kam eher später. Unternehmen sparen an allen Ecken und Enden. Die Produktion jenseits der Grenze ist eben doch billiger. Jetzt sind die Näher*innen in der Textilmanufaktur teilweise in Kurzarbeit. Wenn es so weitergeht, sind Arbeitsplätze in Gefahr. Die Kredite können nicht bezahlt werden. Das darf nicht sein.

Lokale und transparente Produktion nachhaltiger Mode und Textilwaren zu fair kalkulierten Preisen.

Denn: In der Textilmanufaktur im Erzgebirge lässt sich nachhaltig und transparent produzieren. Mit fairer und CO2-armer Produktion. Mit individueller und exzellenter Beratung. Mit gutem Gefühl. Und mit fantastischen Resultaten. Hier ist jeder Euro sinnvoll investiert.

Made in Germany geht nicht? Geht doch! Im Erzgebirge. Bei Maria Seifert.

Und deshalb empfehle ich Maria und ihr Team immer wieder weiter und freue mich zu sehen, dass u.a. die nachhaltige Brand Chlench aus Stuttgart im Erzgebirge angekommen ist und – keine Überraschung – unglaublich glücklich über diese Möglichkeit und die Zusammenarbeit ist.

Maria Seifert

Ein Gespräch mit Maria Seifert über die aktuelle Situation in ihrer Textilmanufaktur:

Mirjam: Maria, wir kennen uns schon lange und ich schätze deine Arbeit, dein Engagement sehr. Du hast einen so großen und mutigen Schritt gemacht, als du die Manufaktur übernommen hast. Würdest du uns bitte hinter die Kulissen deines Betriebs, in deine Situation mit reinnehmen?
Maria Seifert: Wir haben 2020 sehr gut die Geschäftstätigkeit der Textilmanufaktur Seifert UG (haftungsbeschränkt) begonnen. Sogar Mitte 2020 bereits meinen großen Traum in Angriff genommen und transformiert. Bedeutet: Wir nähen fast ausschließlich für nachhaltige Marken. Auch als 2020 die Pandemie startete, lief bei uns alles auf Hochtouren weiter. Parallel habe ich schnell gemerkt, dass wir die bisherigen Produktionspreise nicht halten können. Ich musste auch hier alles einmal auf Links drehen, weil das vor meiner Zeit nicht achtsam behandelt wurde.

Wir haben durch die notwendige Erhöhung von Produktionspreisen Kund*innen verloren, die lieber ins billige Ausland gehen und dort billigend in Kauf nehmen, dass Menschen unterirdisch bezahlt werden.

2021 bis 2022 haben wir hart gekämpft, sind aber gut durch die Zeit gekommen. Im Dezember 2023 kam, eine Woche vor Weihnachten, in voller Hoffnung, dass wir das Jahr wenigstens einmal gut abschließen können, die Wirtschaftskrise. Im Herbst war bereits unser Hauptkunde aus wirtschaftlichen Gründen weggebrochen und nun mussten alle haushalten. Viele Rücklagen konnten wir nicht bilden, da wir auch ständig in Preisverhandlungen sind.

Mirjam: Wieso seid ihr ständig in Preisverhandlungen? Und wieso konntet ihr trotz guter Auftragslage keine Rücklagen bilden?
Maria Seifert: Wir sind meilenweit davon entfernt, dass man uns zugesteht, dass wir gut kalkulieren und auch Rücklagen bilden können. Meist stehen die Gewinne der Marken im Fokus. Nicht unsere. An dieser Stelle möchte ich unbedingt die kleinen Marken hervorheben, die nie nachverhandeln oder größere Marken wie CONSCHES aus Österreich. Lanue et Lenu aus der Schweiz haben sich auch entschlossen, nicht zu verhandeln und arbeiten an der eigenen Ausrichtung. Hier steht man hinter unseren Preisen und passt eher die eigenen Kalkulationen an. Mit Oktopulli haben wir nochmal ganz anderen Support, weil die Marke an sich einen ganz anderen Ansatz verfolgt. Ich bin sehr fleißig und habe unser Angebot bei vielen deutschen, auch großen Marken platziert. Leider ohne Erfolg. 

Ich habe viele namhafte nachhaltige und konventionelle Marken angesprochen. Ohne Erfolg.

Mirjam: Woran liegt es, dass dein Made in Germany-Angebot nicht stärker angenommen wird?
Maria Seifert: Zum einen ist es der Preis, dann die interne Logostik / Aufteilung / Einkauf. Zum anderen die fehlende Lust auf Unterstützung und Förderung, verbunden mit den hohen Gewinnmargen, auf die Unternehmen viel zu oft nicht verzichten möchten. Vereinbarte Termine werden nicht wahrgenommen und auch nicht abgesagt.

Die Freiheit, die eigene Meinung zu äußern, hat man als Unternehmerin nicht. Damit macht man sich angreifbar und fällt negativ auf. Trotzdem möchte ich einen Einblick geben.

Maria Seifert
Die hauseigene Kollektion: Maria Seifert Collection

Mirjam: Was würde dir, würde euch, jetzt am besten helfen?
Maria Seifert: Dass wir wie von Dir, Kay Alexander Plonka und vielen anderen weiterhin so toll empfohlen werden. Dass Kund*innen, die bei uns produzieren lassen, weiterhin daran festhalten und meine strukturierte und professionelle Art zu schätzen wissen. Es dankend annehmen und sich durch Prozesse guiden lassen. Es ist wirklich wichtig, dass man sich immer wieder verdeutlicht, wie hart Textilproduzent*innen kämpfen und wie viel wir für die Fertigung in Deutschland tun.

Ich habe kein gut laufendes Unternehmen in der Nachfolge gekauft, sondern habe eine Textilproduktion seit 2020 inhaltlich transformiert, ohne je Zeit zu haben, mit einem Netzwerk zu arbeiten.

Ganz wichtig: Wir brauchen wieder einen größeren Kunden, der die normale Frequenz innerhalb der Produktion stabilisiert. Ich hätte letztes Jahr drei fähige Mitarbeiter*innen einstellen können. Konnte ich nicht. Stattdessen können wirklich dankbar für jeden Menschen sein, der aktuell nur für den Mindestlohn als Näher*in arbeitet. Das ist aber definitiv nicht unser Ziel.

Außerdem brauchen wir dringend Hilfe beim Vertrieb der Maria Seifert-Eigenmarke. Wir haben eine tolle Sommerkollektion 2025 in der Entwicklung, die wir gerne herausbringen möchten. Dafür brauchen wir eine gute Vertriebsagentur, die an uns glaubt und aufbaut. Wir haben eine Hammer-DNA und eine gute Eigenmarke.

Der Aufbau unserer Eigenmarke würde uns finanzielle Stabilisierung und Unabhängigkeit geben. Und ich könnte meinen Mitarbeiter*innen mehr als Mindestlohne bezahlen.

Textilproduktionen rettet man nur, indem man sich gegenseitig respektiert und sich auch als nachhaltige Kund*innen selbst reflektiert.

Wenn wir etwas verändern wollen, geht es nur miteinander und da müssen auch wir Produzent*innen ausreichend Gehör bekommen.

Ich träume davon, gemeinsam mit unseren tollen Marken einen Messebetreiber zu finden, der uns kostengünstig eine Plattform bietet, um MADE IN GERMANY zu zeigen.

Maria Seifert

Mirjam: Zur Orientierung für alle, die das Interview lesen: Was bietet Ihr genau an?
Maria Seifert: Eigentlich alles. Ich erwähne deswegen lieber das, was wir nicht können: Wir verarbeiten keine sehr dicken Stoffe und können keine Bügel in Bügel-BHs einnähen. Ansonsten machen wir sehr viel: von hochelastisch über festes Gewebe, Bademode, Unterwäsche, Urban Casual Sportswear, DOB, Kiko, HAKA, Home & Living. Wir haben in allen Bereichen viel Erfahrung.

Mirjam: Für wen ist eure Produktionsstätte geeignet – und für wen vielleicht nicht? Stichwort: Produktionsmengen etc.
Maria Seifert: Vielen Dank für die schöne Frage! Wurde ich noch nie gefragt. Wir produzieren ab einem Stück, jedoch sind 1-5 Stück bei uns Mustermengen mit dementsprechenden Aufschlägen. Wir erbitten uns eine Mindestmenge pro Teil von 25 Stück. Gerne auch auf zwei Farben verteilt. Nach oben hin sind wir offen. Hier müssen dann die Lieferzeiten separat besprochen werden. Bei größeren Mengen arbeiten wir mit Zwischenauslieferungen. Wir sind an nachhaltigen Marken interessiert und an wirklich langfristiger Zusammenarbeit, sodass ich Fachkräfte nachziehen kann.

Du bist bei uns genau richtig, wenn du ein reines Frauenunternehmen unterstützen möchtest, das Stückzahlen stemmt und eine humorvolle Geschäftsführerin hat, die wie eine Löwin ihr Unternehmen verteidigt und auf gegenseitigen Respekt sowie eine wohlwollende Zusammenarbeit sehr großen Wert legt.

Mirjam: Und wann sehen wir wieder etwas von deiner eigenen Modelinie?
Maria Seifert: Wenn ich es mir finanziell erlauben darf, ab Sommer 2025. Die Kollektion ist fertig, wir brauchen wie gesagt Unterstützung und die finanziellen Mittel, sie herausbringen zu können. Die ist wirklich richtig schön geworden. Bin sehr stolz drauf!

Alle Infos zur Textilmanufaktur Seifert >>>

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