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Lieferkettengesetz

Lieferkettengesetz + 5-Minuten-Aktivismus

Freiwilligkeit hat nicht funktioniert. Deshalb brauchen wir ein Gesetz, das deutsche Unternehmen für Umwelt- und Menschenrechtsverletzungen haftbar macht, wenn sie ihre unternehmerische Sorgfaltspflicht im Ausland vernachlässigen. Auf die entsprechenden Rahmenbedingungen kann sich die Regierung aber nicht einigen.

Dass ein Lieferkettengesetz nötig ist, ist spätestens klar, seit ein Monitoring gezeigt hat, dass lediglich 20 Prozent der befragten Unternehmen ihre Verantwortung im Ausland wahrnehmen. 150.000 geleistete Unterschriften (2019) und eine entsprechenden Zusage im Koalitionsvertrag haben wenig bewegt. Während der Pandemie und den offensichtlichen Katastrophen entlang der textilen Wertschöpfungskette hat das Thema im Sommer 2020 endlich Fahrt aufgenommen. Hoffnung? Ja. Aber formuliert ist immer noch nichts. Jetzt muss gehandelt werden.

Wir haben mit Lisa Jaspers über den aktuellen Stand gesprochen. Lisa ist Gründerin des Berliner Fair Fashion Labels Folkdays. Sie hat vor zwei Jahren die Petition #fairbylaw gestartet, weil ihr die politische Dimension in der Fair Fashion Diskussion gefehlt hat. Übergeben wurde diese mit 153.845 Unterschriften am 27.11.2019

Mirjam Smend: Lisa, bislang war die Einhaltung von sozialen und ökologischen Mindeststandards für deutsche Unternehmen im Ausland freiwillig. Warum soll sich das jetzt ändern?
Lisa Jaspers: Freiwilligkeit heißt: Wenn Ihr wollt, könnt Ihr darauf achten, dass niemand zu Schaden kommt. Ganz ehrlich: Wir alle würden auf die Barrikaden gehen, wenn unsere fundamentalen Menschenrechte durch Freiwilligkeit geschützt wären. Noch dazu haben Umfragen gezeigt, dass Freiwilligkeit nicht funktioniert.

Mirjam Smend: Was wird sich genau ändern?
Lisa Jaspers: Gerade in der Textilbranche wird so viel zugekauft, dass niemand mehr weiß, wo die Sachen herkommen und unter welchen Umständen sie produziert wurden. Das Gesetz wird das ändern. Es muss nachvollziehbar werden, aus welcher Fabrik was kommt. Regelmäßige Audits stellen sicher, dass Mitarbeiter gut behandelt und Umweltstandards eingehalten werden.

Lieferkettengesetz
© lieferkettengesetz.de

Mirjam Smend: Welche Rolle spielt Corona in diesem Zusammenhang?
Lisa Jaspers: Corona war und ist eine starke Disruption des Alltags. Das hat sicherlich in den Köpfen der Menschen etwas verändert. Die Akzeptanz für solche Themen ist größer geworden. Die Toleranz für Missstände kleiner.

Mirjam Smend: Und schon wird Kritik an dem geplanten Gesetz laut …
Lisa Jaspers: Die großen Wirtschaftsverbände sehen im Lieferkettengesetz einen Wettbewerbsnachteil für deutsche Unternehmen. Auch Wirtschaftsbosse müssen zugeben, dass man seine eigenen Rechte ungern an die Profitabilität von Unternehmen knüpfen möchte. Natürlich bedeuten transparente Lieferketten erstmal sehr viel Aufwand und einen kurzzeitigen wirtschaftlichen Negativeffekt. Aber mittel- und langfristig werden die Lieferketten stabiler und die Qualität höher.

Wie effektiv es ist, ist abhängig davon, wie konsequent es formuliert wird.

Mirjam Smend: Und was bedeutet das das Gesetz für die Konsument*innen?
Lisa Jaspers: Es bedeutet, dass wir in Zukunft in Deutschland Produkte kaufen können, die nicht unter total schlimmen Zuständen hergestellt wurden. Im Idealfall sind es irgendwann gute Konditionen. Für uns als Konsument*innen ist das ein sehr großer Vorteil.

Mirjam Smend: Was kann jetzt noch passieren, dass das Lieferkettengesetz nicht funktioniert?
Lisa Jaspers: Die Pläne waren gut, aber es wird schon wieder aufgeweicht – es soll erst ab 5.000 Mitarbeitern zum Tragen kommen etc. Wir müssen wachsam sein. In der Schweiz wurde ein entsprechendes Gesetz von den Wirtschaftsverbänden so weichgewaschen, dass es komplett uneffektiv wurde. In Frankreich umfasst das Gesetz nur die 500 größten Unternehmen des Landes. Damit sowas nicht bei uns passiert, sind zivilgesellschaftliche Organisationen wie die Initiative Lieferkettengesetz und #fairbylaw gefragt. Wenn wir das Gefühl haben, dass das ein zahnloser Tiger wird, werden wir konstruktiv darauf hinweisen.

Hätte, hätte, Lieferkette – so sieht’s aus (Stand Dezember 2020)

Teile der Bundesregierung haben im Sommer 2020 eingelenkt und das im Koalitionsvertrag vereinbarte Lieferkettengesetz auf den Weg gebracht. Aus den Entwicklungs- und Arbeitsministerien wurden konkrete Eckpunkte vorgestellt. Widerstand kommt vor allem aus dem Bundeswirtschaftsministerium. Heißt: Die Regierung hat sich noch nicht auf die Rahmenbedingungen des Lieferkettengesetzes geeinigt. Fortschritt wird verhindert, obwohl die Dringlichkeit hinlänglich bekannt ist.

Warum ein Lieferkettengesetz so wichtig ist?

Der Sinn eines Lieferkettengesetzes besteht darin, dass Unternehmen Sorgfalt für die eigenen Wertschöpfungsketten tragen müssen, um Verletzungen von Menschenrechten und Umweltstandards vorzubeugen. Warum das so wichtig ist? Hier klicken >>>

5-Minuten-Aktivismus

Damit das Lieferkettengesetz noch in dieser Legislaturperiode auf den Weg gebracht werden kann, können (und sollten) wir diese Forderung auf dem Kanal des Bundeswirtschaftsministeriums @bmwi_bund deutlich machen:

SCHLUSS MIT DER BLOCKADEHALTUNG – LIEFERKETTENGESETZ JETZT.

👉🏼 Hier das von der Initiative Lieferkettengesetz vorformulierte Mail an Bundeswirtschaftsminister Altmeier versenden >>>

👉🏼 Plus: Hier die #fairbylaw Petition von Lisa unterschreiben >>>