Schon als junge Frau hat sich Marina Spadafora intensiv mit Themen wie sozialer Gerechtigkeit beschäftigt und sich vorgenommen, mit ihrer Arbeit einen Unterschied zu machen. Konkret ist dieses Engagement 2007 geworden, als sie die Chance bekam, für einen jungen Entrepreneur eine kleine nachhaltige Kollektion zu entwerfen, die ausschließlich in Afrika produziert wurde. Seit damals liegt der Fokus ihrer Arbeit darauf, Mode mit Mission nachhaltiger und fairer zu machen.
Immer mehr Firmen in Italien beschäftigen sich mit Nachhaltigkeit, es sollte aber schneller gehen.
Das Thema, sagt sie, wird in Italien immer wichtiger. Als Koordinatorin von Fashion Revoluion Italy setzt sie sich intensiv mit den Produktionsbedingungen vor Ort auseinander. „Immer mehr Firmen beschäftigen sich zwar damit, es sollte aber schneller gehen.“ In einem Gespräch mit Bettina Musiolek von der Clean Clothes Campaign haben wir erfahren, dass die italienischen Luxusbrands mit zu den Unverantwortlichsten in der Branche gehören. Für Marina Spadafora liegt das auch daran, dass viele Unternehmen ihren Fokus zwar immer mehr auf Umweltgesichtspunkte richten, nicht so sehr aber auf die Produktionsbedingungen. „Es gibt Fortschritte im Bereich der Nachhaltigkeit“, betont sie, „aber der soziale Aspekt, also die Leute auch fair zu bezahlen, wird oft vergessen.“
Der soziale Aspekt, also die Leute auch fair zu bezahlen, wird oft vergessen.
Marina unterstreicht, dass es bei nachhaltiger Mode mit Mission bei weitem nicht nur um die Verwendung von Materialien wie Biobaumwolle geht. Da machten es sich einige Brands ein bisschen zu einfach. Für Konsumenten sei es wichtig, sich auch mit der Komplexität des Themas zu beschäftigen. Da fast alle Bücher dazu auf Englisch sind, hat sie sich dazu entschlossen, endlich auch ein Buch für die italienische Öffentlichkeit zu schreiben. Vor kurzem ist „La rivoluzione comincia dal tuo armadio“, erschienen, in dem Marina, gemeinsam mit der Journalsitin Luisa Ciuni, einen Überblick über die Situation und die Praktiken der Modeindustrie gibt, aber vor allem auch viele Tipps zusammengestellt hat, wie jeder zur Verbesserung beitragen kann. Etwa, sich fernzuhalten von Mode, die zu wenig kostet. „Wir brauchen wirklich nicht mehr Kleidung, wir sollten weniger und besser kaufen. Und vor allem unsere Kleidung lange tragen.“
Die Luxusindustrie hat versucht Fast Fashion zu kopieren.
Corona hat die Modeindustrie hart getroffen. Die Situation in Italien sei sehr, sehr schwierig, sagt Marina. Online könne die direkte Erfahrung mit Kleidung nicht ersetzen, die Leute wollen die Materialien angreifen, in den Showroom kommen und die Kleidung sehen. Darum verkauften sich Accessoires auch derzeit viel besser als Kleidung. Aber Marina sieht in der Krise auch eine Chance auf Veränderung. Giorgio Armani war der erste, der öffentlich gefordert hat, dass die Branche runterfahren und langsamer werden müsse. Denn es könne nicht sein, dass die Luxusindustrie Fast Fashion kopiert in ihrem Tempo, ständig neue Kollektionen herausbringt und alle am Produktionsprozess Beteiligten dem Stress kaum mehr standhalten können. Armani hat sich dazu verpflichtet nur mehr zwei Kollektionen pro Jahr herauszubringen. Auch Dries van Noten hat sich für eine Veränderung stark gemacht und konnte weitere Brands wie zum Beispiel Gucci gewinnen mit an Bord zu kommen.
Marina ist immer voller neuer Ideen, gerade arbeitet sie wieder an neuen Projekten. Gemeinsam mit der UNIDO entwickelt sie in Ägypten ein neues Garn aus Denim und Baumwolle, daraus designen Studenten einige Kleidungsstücke, die dann in Italien produziert werden. Außerdem unterstützt sie ein großes Unternehmen, dessen Name noch geheim bleiben muss, dabei, erste Schritte Richtung Nachhaltigkeit zu unternehmen und eine kleine Capsule Collection zu entwickeln. Und im September wird Marina Spadafora während der Fashion Shows in Mailand mit der Plattform „A New Awareness“ ein dreitägiges Event zu nachhaltigen Mode-Themen bei Corso Como 10 veranstalten. Wir hoffen, Marina bald auch auf einer der nächsten Ausgaben der GREENSTYLE Conference in München begrüßen zu können.