Deutlich kleiner – ohne Messen – und mit auffällig ruhiger Stimmung. Das Thema Ukraine war (und ist) maximal präsent. Aber – und das war die durchgängige Message – die Berlin Fashion Week hat stattgefunden und immer wieder Zeichen der Solidarität gesetzt. Mit Reden und Ansprachen, mit Gesten, mit Spendenaufrufen, mit starken Abschlussbildern in PEACE Hoodies (Danke, Kilian) und vor allem mit der Solidarität 20 fantastischer Freiwilliger (Danke Cherie & Community), die innerhalb von zehn Tagen die Kollektion des ukrainischen Designers Jean Gritsfeldt genäht haben, um ihm die Möglichkeit zu geben, den Berliner Runway als Sprachrohr zu nutzen.
Alle Herbst/Winter 2022 Schauen und Talks wurden digital über @mbfw.berlin präsentiert – GREENSTYLE hat auf @greenstyle_muc die MBFW begleitet.
+++ Berlin Fashion Week Highlights +++
Der Berliner Salon
Mit 31 deutschen Designer*innen aus den Disziplinen Mode, Schmuck und Accessoires wurde die Fashion Week eröffnet. Präsentiert wurden die Werke der von Christiane Arp kuratierten Show auf leuchtenden Displays im Kraftwerk in Mitte, der zentralen Schauenlocation der MBFW. Unsere Highlights? Das Upcycling-Kleid aus Schlauchreifen von Karen Jessen, die androgyne Businesswear von Julia Leifert und die Black in Black Pieces von Esther Perbandt. Die nachhaltige Strickkollektion von Sminfinity, die couturigen Kopfbedeckungen von Fiona Bennett, die überraschend anderen Stücke von Odeeh, 10 Outfits to wear often bei OFTT, die Zero Waste Upcycling Looks von Avenir…
Opening Reception @ Kraftwerk
Nach der feierlichen Eröffnung durch Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey, die auf ihre Rede zur Bedeutung von Mode auch – und vor allem IN – diesen Zeiten rauschenden Applaus bekommen hat, drehte sich im Kraftwerk an der Köpenicker Straße drei Tage lang alles um die Runwayshows.
Die Mode ist immer auch politisch. Franziska Giffey.
Opening Party: Studio2Retail x PLATTE.look
Das Publikum draußen vor den XL-Schaufenstern. Die Models auf Laufbändern dahinter. Das PLATTE.Berlin Team rund um Sevil Uguz eröffnete gemeinsam mit dem Fashion Council Germany mit einer ebenso diversen wie inklusiven Fashionshow die die Studio2Retail >>> Woche. Der Claim? #fashionunites. Unbedingt ansehen: Die Jobbörse Bettter >>> (für ukrainische Geflüchtete aus der Kreativwirtschaft). Mehr zur Platte >>>
Mercedes-Benz presents Sofia Ilmonen
Den Schauenauftakt macht in alter Tradition – die vor einigen Jahren in Kooperation mit dem ELLE Magazin begonnen hat – ein upcoming Designer. Das Auswahlverfahren ist vielversprechend: Hierbei handelt es sich um den Gewinner oder die Gewinnerin des Fashion Festivals im französischen Hyères. Dort konnte die Finnin Sofia Ilmonen mit ihrer modularen Kollektion die Jury von sich überzeugen. Zwei Jahre lang hat sie an der Aaalto Universität im Rahmen ihres Masters recherchiert und experimentiert, bis sie eine Möglichkeit gefunden hat, ihre Liebe zum Design mit dem Wunsch nach Kreislauffähigkeit der Mode zu verbinden. Ihre ebenso zarten wie farbintensiven Kleider sind so konzipiert, dass sie jederzeit eine neue Form annehmen können. Dafür arbeitet sie mit viereckigen Stoffteilen, die nahtlos (!) mit einem Knopf- und Schlaufenprinzip miteinander verknüpft werden können. Weitere Infos >>>
Fashion Open Studio
Vom 15. bis 17. März wurde während der Berlin Fashion Week im Rahmen von Fashion Open Studio by Fashion Revolution zum dritten Mal eine Reihe von offenen Ateliers, Kurzfilmen, Ausstellungen und Gesprächen mit einer innovativen Gruppe von lokalen und internationalen Designern präsentiert. Mit diesem Format wurde ein Raum für Dialog und den Austausch von Ideen und Informationen geschaffen, um die Art und Weise zu verändern, wie wir über unsere Kleidung denken, und Praxislösungen aufzeigen. Alle Teilnehmer und Events >>>
Love Child by Marcel Ostertag
Neben Models zeigen bei Marcel Ostertag seine Musen, Freundinnen und Kundinnen Hosenanzüge, Slipdresses, schwingende Volantsäume, Röcke in Mini, Midi und Maxi sowie florale und grafische Prints in Rottönen, Grün, Gelb und Blau. Marcel Ostertag, der – typisch Marcel – sich nicht an Konventionen hält, kam schon vor der Show auf den Runway, um seine Meinung zum Putin-Krieg in die Welt zu schicken. Mit dieser Kollektion wollte er Liebe zeigen und geben. Und die bekommt er von uns gerne zurück. Danke für diesen Ausflug aus der Realität… Welcome to the Marcel Ostertag universe >>>
Kilian Kerner – „Claudette & Rico – Eine Liebe zwischen Mond und Asphalt“
Mit seiner Kollektion bricht Kilian Kerner mit Klischees und zeigt, dass Weiblichkeit eine Geisteshaltung ist und sich nicht auf gängige Definitionen beschränken lässt. Für diese Kollektion hat der Designer sogar ein eigenes Drehbuch geschrieben. Auf dem Laufsteg: wattierte Oversize-Jacken, bodenlange (transparente) Evening Dresses, Meerjungfrauenkleider mit Korsage, Hosenanzüge für Damen und Herren. Aber DER Atemlosmoment waren die Abschlussbilder. Statt nochmal alle Looks zu zeigen, haben seine Models, genauso wie der Designer selber, schwarze XL-Hoodies mit weißem PEACE Schriftzug über ihren Outfits getragen. Bis zum 30. März kann man diese im Online Shop für 69 Euro bestellen. Der Gewinn wird für die Ukraine im Rahmen der Organisation „Ein Herz für Kinder“ gespendet. Hier bestellen >>>
L’Atelier Dream Machine by Esther Perbandt
Nicht mehr komplett schwarz in schwarz war die Kollektion der Berliner Designerin Esther Perbandt. Seiden-Leinen, Jacquardstoffe, Leder, Wolle, die sich skulptural gestalten, akzentuierte Taillen, Schnitte und Schultern. XL-Prints mit Zahnrädern, die sich – der Titel lässt es erahnen – wie ein roter, pardon weißer, Faden durch die Kollektion zieht. Voluminöse, geraffte Ärmel, raffinierte Cut-outs, kurze Trägerkleider und gelayerte Tüllröcke schickte Esther Perbandt genauso in Slow-Motion über den Runway wie High-Waist-Hosen und beweist erneut, dass sie die hohe Kunst der Konstruktion beherrscht. Jetzt mehr Esther Perbandt entdecken >>>
Jean Gritsfeldt: „Earth is a cradle of love for a new world without war“
Das absolute Highlight der Modewoche – ich denke, da sind sich alle einig – war die Show von Jean Gritsfeldt. Der ukrainische Designer aus Kiew konnte nicht an der MBFW teilnehmen, seine Kollektion nicht schicken. Auf Initiative von Cherie Birkner von Sustainable Fashion Matterz und Fashion Revolution Germany haben 20 Freiwillige (u.a. Verena Paul Benz von Lovjoi und Arianna Nicoletti von Green Fashion Tours und A-gain) in nur 10 Tagen nach seinen Vorgaben und Skizzen seine Kollektion nachgenäht. Aus Leftovers und mit Statements wie Peace, Humanity, Poetry und natürlich Ukraine bestempelt. Und um mit seinen Worten zu sprechen:
“Today is not the time to talk about fashion, but through fashion. Today we will not show the new season, today we do not show new looks because when you sit in a bomb shelter, or a dugout, or basement nobody cares what you wear. The main thing is to feel warm, comfortable and protected.
Today we broadcast the Feelings and Sensations. Fashion is not a reflection of today, it always looks to the future for the years ahead … destiny and our awareness decide whether there will be war tomorrow, or not in the world which we live in.”
Fireside Chat by Fashion Council Germany
Endlich wieder ein Firesidechat mit knisterndem Kamin. Beim Branchentreffen im „Grace“ wurden die acht Gewinner*innen des Förderprojektes FASHION X CRAFT des Fashion Council Germany in Partnerschaft mit der Swarovski Foundation und The Prince’s Foundation während der Berlin Fashion Week vorgestellt. Drei Monate lang erhalten sie ein maßgeschneidertes Förderprogramm, bei dem es schwerpunktmäßig darum geht, neue Wege in der Handwerkskunst aufzuzeigen, innovative Ansätze zu stärken, nachhaltige Methoden zu erleben und die Arbeit mit nachhaltigen Materialien näherzubringen. Alle Infos des FCG >>>