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endlich fair

Interview: Julian Weiß von endlich fair

Alle reden von Greenwashing. Das geht auch an nachhaltigen Brands nicht spurlos vorbei. Unter dem Motto, wenn doch eh alles grün gewaschen ist, mache ich eben weiter wie bisher, kaufen immer weiniger Menschen nachhaltige Mode. Der endlich fair Score mit über 100 Kriterien sorgt jetzt für mehr Glaubwürdigkeit bei nachhaltiger Mode.

endlich fair klingt ziemlich prima, finden wir. Denn das ist schließlich unser aller Masterziel: fair zu den Menschen, fair zur Umwelt und zwar entlang der gesamten textilen Wertschöpfungskette. Aktuell sind wir Meilenweit davon entfernt. Wer es besser machen will, kauft nachhaltig(er) produzierte Kleidung. Julian Weiß und Caro Reili haben herausgefunden, dass die Mehrheit der Bevölkerung Fair Fashion interessant findet, aber dennoch beim Kauf zurückhaltend ist. Gründe dafür sind die Glaubwürdigkeit von Fair Fashion sowie der hohe Preis von Fair Fashion im Vergleich zu konventioneller Mode.

Um dem entgegenzuwirken haben die beiden Masterminds den endlich fair Score entwickelt, der zum einen die Marken vor dem Hintergrund nachhaltiger Kriterien bewertet und zum anderen einen online Preisvergleich durchführt, der uns Konsument*innen zeigt, wo ich das nachhaltige Kleidungsstück am günstigsten finde.

Julian hat uns Insights in ihre Entwicklung gegeben.

Mirjam Smend: Was ist die Idee hinter endlich fair?
Julian Weiß: Angefangen hat alles mit unserem Blog fairlier. Der Name entstand durch die Steigerung von fair, fairer, fairlier. Ziel war es, unsere eigene Reise und Erfahrungen in Bezug auf Fair Fashion mit Leser*innen zu teilen. Caro hat angefangen mit ihrer Mutter Hosen, Taschen und Oberteile zu nähen und lebte einen immer bewussteren Kleidungskonsum. Ich war zwar ebenfalls immer sehr minimalistisch mit T-Shirt und Jeans unterwegs, habe mir aber vor allem über die Produktionsbedingungen entlang der textilen Wertschöpfungskette wenig Gedanken gemacht.

Mirjam Smend: Hat sich euer Blick auf die Textil- und Schuhindustrie verändert?
Julian Weiß: Auf jeden Fall. Mit fairlier hat sich unser Blick total verändert. Immer wenn wir selbst auf der Suche nach einem neuen Kleidungsstück waren, haben wir dazu recherchiert und die Erkenntnisse mit unseren Leser*innen geteilt. So entstanden Ratgeber zum Thema nachhaltige Schuhe, nachhaltige Jeans sowie nachhaltige Bettwäsche u.v.m. Trotzdem taten wir uns auch nach zwei Jahren Recherche schwer, Freunden und Familie Fashion Labels zu empfehlen, die in Punkto Nachhaltigkeit überzeugen. Das wollten wir nicht so stehen lassen. Wir haben recherchiert und erkannt, dass es nicht nur unserem Umfeld so geht, sondern, dass die Mehrheit der Bevölkerung Fair Fashion interessant findet, aber dennoch beim Kauf zurückhaltend ist. Laut mehreren Studien gibt es dafür zwei Gründe: Zum einen ist das die Glaubwürdigkeit von Fair Fashion. Zum anderen der hohe Preis von Fair Fashion im Vergleich zu konventioneller Mode/Fast Fashion

Mirjam Smend: Die Geburtsstunde von endlich fair?
Julian Weiß: Genau. Diese Hindernisse wollten wir aus dem Weg schaffen und so ist die Idee für endlich fair entstanden. Durch einen transparenten Score möchten wir die Bemühungen in Bezug auf Nachhaltigkeit von Fashion Labels prüfen und vergleichbar machen. Jedes Kriterium, das wir prüfen und das zum Gesamtscore beiträgt, kann neben dem Methodenpapier mit der Herleitung des Scores im Detail eingesehen werden. Zudem bieten wir einen Preisvergleich für Kleidungsstücke der bewerteten Brands an und vergleichen die Preise in unterschiedlichsten Online-Shops wie Loveco, Greenality, Avocadostore aber auch Amazon. Es gibt auch die Möglichkeit, direkt zu Plattformen mit Second-Hand Kleidung der jeweiligen Labels zu wechseln.

endlich fair

Mirjam Smend: endlich fair verlinkt im Preisvergleich auch Online-Shops, die nicht für Nachhaltigkeit stehen (z.B. Amazon etc.)
Julian Weiß: Die gelisteten Plattformen stehen in der Tat nicht unbedingt für Nachhaltigkeit. Das sind die Gründe, wieso wir sie einbinden: Damit „Fair Fashion“ das neue „Fashion“ wird, müssen faire Kleidungsstücke dort sichtbar werden, wo sie sich die breite Masse aufhält. Als Preisvergleich verfolgen wir den Anspruch den bestmöglichen Preis darzustellen, unabhängig von der Plattform. Was bei unserer Entscheidung aber auch wichtig ist: Wir zeigen nicht nur den besten Preis, sondern auch alle Shops, die dein Kleidungsstück anbieten. Somit bieten wir jedem die Möglichkeit und Übersicht, das Produkt in einem Shop seiner Wahl zu kaufen.

Mirjam Smend: Was sagt der endlich fair Score aus?
Julian Weiß: Mit dem endlich fair Score bewerten wir, wie umfangreich die Nachhaltigkeitsbemühungen von Fashion Labels sind. Wir haben ca. 100 Kriterien in den folgenden Themenbereichen erarbeitet: Transparenz, soziale Faktoren, ökologische Faktoren, Tierwohl und Innovation. Wichtig ist uns, dass ein Score von 100% nicht bedeutet, dass ein Fashion Label 100% nachhaltig ist. Vielmehr ist das Fashion Label bemüht, in allen Bereichen den bestmöglichen Standard zu erzielen, um zu einer nachhaltigen Wirtschaft beizutragen. Alle Infos zum endlich fair Score >>>

Mirjam Smend: Für die Entwicklung des Scores habt ihr mit einem Methodenpapier gearbeitet.
Julian Weiß: Deswegen haben wir die Kriterien in einem ca. 130 Seiten langen Methodenpapier hergeleitet: Identifizieren von sozialen, ökologischen und ökonomischen Herausforderungen in der Schuh- & Textilindustrie. Kategorisieren der Herausforderungen in soziale und ökologische Aspekte sowie die Bereiche Transparenz, Tierwohl und Innovation. Recherchieren von Ansätzen, die zu einer Verbesserung in den Teilbereichen führen. Die Gewichtung der Kriterien festlegen, sowie Haupt- und Unterkategorien bilden. Abstimmung mit Expert*innen und Feedback hinsichtlich Gewichtung und Kriterien soweit wie möglich berücksichtigen.

endlich fair

Mirjam Smend: Und wie stellt ihr sicher, dass die Infos immer aktuell bleiben?
Julian Weiß: Der endlich fair Score wird von uns laufend überarbeitet. Dazu führen wir ein öffentliches Protokoll, in dem wir Änderungen für die nächste Version festhalten. Dadurch möchten wir ebenfalls für mehr Transparenz sorgen und sollten sich Aussagen im Methodenpapier finden, die korrigiert werden müssen, führen wir diese ebenfalls auf.

Mirjam Smend: Was ist euer Ziel mit endlich fair?
Julian Weiß: Unser Ziel ist es in erster Linie Transparenz und Glaubwürdigkeit in der Schuh- und Textilindustrie zu schaffen. Leser*innen von endlich fair sollen durch die Informationen zu den Fashion Labels eine informierte Kaufentscheidung treffen können. Gleichzeitig möchten wir mit dem Preisvergleich ermöglichen, ein neues Lieblingskleidungsstück zu einem guten Preis zu erwerben.

Mirjam Smend: Wieso heißt eure Plattform endlich fair?
Julian Weiß: endlich fair soll das Gefühl widerspiegeln, wenn man endlich eine nachhaltige Alternative für das gewünschte und gesuchte Kleidungsstück gefunden hat. Caro und mir ging es in der Vergangenheit oft so, dass wir bspw. endlich eine Jeans gefunden haben, mit der wir uns wohl fühlen und die fair und ökologisch vertretbar ist.

Mirjam Smend: Was ist die wichtigste Erkenntnis, die ihr durch das Methodenpapier für den endlich fair Score erlangt habt?
Julian Weiß: Die Frage, ob es nachhaltige Kleidung überhaupt geben kann. Nachhaltigkeit ist sehr komplex und es bedarf dem Zusammenspiel unterschiedlichster Aspekte auf ökonomischer, ökologischer und sozialer Ebene. Es ist fraglich, ob dieses Gleichgewicht auch bei der Herstellung nachhaltiger Kleidung gegeben ist. Ein Kleidungsstück, das nachhaltig ist, wird am besten gar nicht erst produziert. Wichtig ist immer, das eigene Konsumverhalten zu hinterfragen. Das gilt nicht nur für Kleidung. Caro und ich sind weit weg davon, perfekt zu sein. Mit endlich fair können wir aber hoffentlich einen kleinen Beitrag dazu leisten, dass Fair Fashion zukünftig das neue Fashion wird.

Mirjam Smend: Was ist eure Vision?
Julian Weiß: Wir wissen, dass der endlich fair Score noch lange nicht perfekt ist. Wir möchten in den Austausch gehen und den Score laufend verbessern. Unsere Vision wäre es, auf Produktebene eine konkrete Aussage geben zu können, welchen Impact das Kleidungsstück auf soziale und ökologische Faktoren hat.

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