Normalerweise teile ich nach dem halbjährlichen Mode-Karussell immer meine Insights von den verschiedenen Messen. Diesmal habe ich das Gefühl, dass ich das Thema anders aufziehen muss. Step by Step und Stadt by Stadt. Angefangen hat die neue Saison für mich auf der Berlin Fashion Week.
Berlin scheint autark zu sein: Berlin den Berlinern. Man scheint sich selbst zu genügen. Auf internationale Strahlkraft nicht angewiesen zu sein. Auf große Einkäufer setzt man hier nicht. Gut so, denn die reisen aktuell auch nicht an. Das hat mir vor wenigen Wochen auch der CEO eines deutschen Luxus-Onlineshops bestätigt, weil sie das, was sie suchen, vor allem im immer übermächtiger werdenden Paris finden. Berlin lehnt Kommerz ab. Und – O-Ton – darum geht es hier auch nicht. 95 Prozent der Schauen sind nicht kommerziell. Eher experimentell. In Food Courts, Kaufhäusern etc. Eine ziemlich luxuriöse Einstellung, die man sich leisten können muss. Und genau das unterscheidet die Hauptstadt von den anderen Modestandorten. Hier wird Mode subventioniert. Vom Berliner Senat. Und schon kann man sie sich leisten. Diese Einstellung.
Ganz anders als ich sieht das übrigens die gehypte Berliner PR-Agentur Reference Studios. Im Interview mit FashionUnited erklärt der Agenturgründer Mumi Haiati: „Intervention (Anmerkung: das neue Schauenformat der Agentur), aber auch Berlin Fashion Week als Ganzes nimmt mehr Form an. Es hat eine stärkere und klare Identität. Wir sind auf dem richtigen Weg. Auch das Feedback der internationalen Presse war total positiv. Man spricht von einem neuen London und das hat uns sehr gefreut.“ Hoffen wir, dass Mumi Recht behält und nach dem langen Down nun wieder eine Aufwärtsbewegung mit eigener Identität in BER eintritt. Und vielleicht auch ein bisschen Freude am Kommerziellen. Wenn man die Kollektionen kaufen und tragen kann, werden die Namen der Designer*innen dann vielleicht auch über die Stadtgrenzen hinaus gekannt. Und: Sie könnten dann vielleicht von ihrer Arbeit leben.
Meine 4 Highlights aus 4 Tagen Berlin:
Exposition: Der Berliner Salon im Bode-Museum
Wir waren beim Berliner Salon im Bode Museum. Mode im Bode-Museum. Was für eine schöne Idee. Was für eine wunderbare Umsetzung. Die Gegenüberstellung junger Designer*innen und der Jahrhunderte umfassenden Sammlungen im Bode-Museum im Rahmen der Gruppenausstellung des Berliner Salons (Highligts vom Winter) zeigt Kontinuität genauso wie Innovationen in der Mode- und Kunstgeschichte. Mode, Schmuck, Accessoires, Produktdesign wurden so geschickt in die Ausstellung integriert, dass man – wäre man nicht wegen dieser jungen Designer*innen gekommen – gar nicht wirklich wahrgenommen hätte, dass es sich um eine nur wenige Tage andauernde Momentaufnahme in diesem ehrwürdigen Haus auf der Museumsinsel handelt. Dass diese so unterschiedlichen Werke miteinander kommunizieren, war auch die Intention von Kuratorin Christiane Arp. Ergänzt wurde der Berliner Salon durch die sieben Finalist*innen des Vogue Fashion Fund.
Fashionshow: Avenir
Sophie Claussen und ihr Upcycling-Label Avenir habe ich seit der Gründung 2020 auf dem Radar. Abgesehen, davon, dass Sophie eine unglaublich inspirierende Persönlichkeit ist, finde ich ihr Label und die Art, wie sie Nachhaltigkeit in Design übersetzt fantastisch. Avenir hat eine irre Entwicklung hingelegt. Und mit einem Perspektivwechsel auf der BFW hat sie schon wieder den Nagel auf den Kopf getroffen. Anstelle einer Show hinter verschlossenen Türen, hat sie ihre Spring/Summer 25 Kollektion COMMUTE zwischen Einkaufzentrum und Cinemaxx am Potsdamer Platz gezeigt. Sie hat die Straße zum Runway gemacht und allen Passant*innen die Möglichkeit gegeben, teilzunehmen, ihre Mode zu entdecken. Zu sehen waren aufwändige Denim-Patchwork-Designs auf maßgeschneidertem Denim-Blazer und eine frische Palette von Pastelltönen wie Mint, Grün, Gelb, Lavendel und Creme. Power Shoulders, Oversized Blazer, handgestrickte Jumper (aus sieben in Streifen geschnittenen Jeans), transparente Blusen… Wundervoll.
20 Jahre Kilian Kerner // Jubiläumsshow
Kilian Kerner hat sein gleichnamiges Label 2004 gegründet. Und fast genauso lange begleite ich ihn schon: Ich war vor vielen Jahren bei einem seiner Shootings in Berlin dabei. Er hat mir Bibi Blocksberg-Shirts aus seiner Jersey-Kollektion für meine Töchter geschenkt. Ich war (fast!) durchgängig auf seinen Schauen. Jetzt ist er seit 20 Jahren Modedesigner. Das ist wahrhaft ein Grund zum Feiern. Mit der Jubiläumsshow während der Berlin Fashion Week Anfang Juli in der Uber Eats Music Hall hat er mal wieder gezeigt, dass er – allen Unkenrufen zum Trotz, die er zu Beginn seiner Karriere einstecken musste – weiß, was er tut und dass er ein Handwerk versteht.
Unbedingt anschauen: die 50-minütige Kurzdoku: „Der Mode-Macher: 20 Jahre Kilian Kerner“. Eine Reise durch 20 Jahre mit Kilian als Mensch und in der Modewelt. Mit Höhen und Tiefen. Von den Anfängen zum High-Fashion-Designer. Von Berlin Moabit ins Schaufenster nach New York und auf die roten Teppiche von Los Angeles.
40 Jahre Thomas Sabo // China Club
Und wir durften Teil eines weiteren Jubiläums sein: Die Schmuck- und Uhrenmarke Thomas Sabo aus Lauf an der Pegnitz feierte sein 40-jähriges Jubiläum während der Fashion Week. Was für eine herrliche Atmosphäre und abseits des üblichen Trubels. Wieder im wunderbaren China Club. Mit Freunden der Marke, Influencern, Medien. Mit köstlichem Essen, einer XL-Geburtstagtorte in Schwarz (leider konnten wir nicht bleiben, bis sie angeschnitten wurde). Und natürlich mit der Jubiläumskollektion Rebellious Glam, die den einzigartigen Rebel at heart-Stil von Thomas Sabo verkörpert.
Seit 31.7.2024 erhältlich >>>
